Anhang 1:
Deutung des Liedes Gotteslob Nr. 185

Du hast, o Herr, dein Leben, dein heilges Fleisch und Blut
für uns dahingegeben als unser höchstes Gut.
So nimm auch unsre Gaben, die selbst du uns verliehn,
nimm alles, was wir haben, zum Opfer gnädig hin.
Bereite Herz und Hände, dass würdig wir begehn
das Opfer ohne Ende, das Gott sich ausersehn.
Send uns den Geist hernieder, zu wandeln Brot und Wein,
dass du der Erde wieder mögst Heil und Mittler sein.

 


 

Du hast, o Herr, dein Leben, dein heilges Fleisch und Blut,
für uns dahingegeben

Das Lied beginnt mit dem Gedächtnis an Leiden und Tod Jesu und sagt: Dieser Tod war kein Zufall oder Unfall, sondern hat bis heute eine vitale Bedeutung für einen jeden von uns.

als unser höchstes Gut.

Frag die Leute auf der Straße, was ihr höchstes Gut ist. Die meisten werden sagen: die Gesundheit. Andere vielleicht: die Karriere, meine Familie, ein gutes Einkommen.

Das sind alles Güter. Hier ist aber von etwas anderem die Rede: Der Horizont erweitert sich über dieses kurze Leben hinaus und stellt uns vor Augen, was uns erwartet, wenn wir nur wollen: die selige Anschauung Gottes.

So nimm auch unsre Gaben, die selbst du uns verliehn

  • Welche Gaben sind gemeint? natürlich Brot und Wein.
  • Und wieso hat Gott sie uns verliehn? Weil wir das Wachsen des Getreides und der Reben nur unterstützen können, aber nicht bewirken können. Wir können Gott nur geben, was er uns vorher schon gegeben hat.

zum Opfer gnädig hin.

  • Unsere Gaben, Brot und Wein, sind sozusagen das Material, das Jesus Christus nutzt, um sich dem Vater und uns zu schenken. Das ist mit dem Opfer gemeint: Geschenk.
  • Früher hieß die Gabenbereitung "Opferung", das war missverständlich, es klang so, als gehe es um ein Opfer der Menschen. Dabei geht es um das Opfer Christi.
  • Erst wenn das klar ist, folgt der zweite Gedanke: In dieses Opfer geben wir uns hinein - das Materielle, Brot und Wein, steht stellvertretend für uns selbst. Bildlich gesprochen, legen wir unser Selbst auf die Patene.

Send uns den Geist hernieder, zu wandeln Brot und Wein,

Hier wird die Epiklese angesprochen, auf die ich schon im Brief eingegangen bin.

dass du der Erde wieder mögst Heil und Mittler sein.

Was Jesus im Abendmahlssaal getan hat, das, so lautet unsere Bitte, möge er nun für uns tun. D.h. Jesus Christus steht jenseits der Zeit, er will das Heil, das er am Kreuz erwirkt hat, den Menschen aller Zeiten zuwenden.

Du siehst: In diesen wenigen einfachen Worten ist das Wesentliche der Eucharistiefeier ausgedrückt - genial!